Ein Buch, das man liebt, darf man nicht leihen, sondern muss es besitzen.

Friedrich Nietzsche

Buchtipps des Monats - März 2008

    Steinhöfel: Rico, Oskar und die Tieferschatten
  • Andreas Steinhöfel
  • Rico, Oskar und die Tieferschatten
  • Carlsen Verlag 2009
  • ISBN 978-3-551-55551-9
  • € 8.95

Eigentlich soll Rico ja nur ein Ferientagebuch führen. Schwierig genug für einen, der leicht den roten oder den grünen oder auch den blauen Faden verliert. Aber als er dann auch noch Oskar mit dem blauen Helm kennen lernt und die beiden dem berüchtigten ALDI-Kidnapper auf die Spur kommen, geht es in seinem Kopf ganz schön durcheinander. Doch zusammen mit Oskar verlieren sogar die Tieferschatten etwas von ihrem Schrecken. Es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft .

    Roth: Jedermann
  • Philip Roth
  • Jedermann
  • Rowohlt TB 2008
  • ISBN 978-3-499-24594-7
  • € 8.95

Philip Roth‘s Roman ist eine intime und doch universale Geschichte von Verlust, Reue und stoischem Gleichmut. Roth zeichnet das Schicksal seines Jedermann nach, von der ersten schockierenden Konfrontation mit dem Tod an dem idyllischen Strand seiner Kindheitssommer bis hin zu der Zeit, als ihm die Hinfälligkeit seiner Altersgenossen und die eigene Gebrechlichkeit zusetzen. Sein Thema ist das, was wir alle erleben und was uns doch so erschreckt. Das terrain dieses gewaltigen Romans ist der menschliche Körper. Sein Thema ist das, was wir alle erleben und was uns doch erschreckt.

    Lehnert: Auf Moränen
  • Christian Lehnert
  • Auf Moränen
  • Suhrkamp Verlag 2008
  • ISBN 978-3-518-41954-0
  • € 16.90

Sie stellen sich den Fragen nach der eigenen Existenz: der Bausoldat, der sich in der monotonen Plackerei auf Rügen zwischen "Gleichschritt" und "Normzeit" abhanden zu kommen droht der Anpassungsvirtuose Erich Mielke, für den das Wort Ich ein "bloßes Stochern im Dunkel" ist oder Apostel Paulus, der auf das Komme vertraut und das Hier und Jetzt als Zwischenzustand begreift: "Wie ein Buchstabe, / aufgerissenes Auge, nicht von dem Buch wissen kann, / das ihn enthält, / kann ich nicht lesen, wo ich bin". Auf Moränen erklingen diese Stimmen, unter ihnen ein Berg von Erlebnissen und Geschichte, Gedankengeröll, das sich übereinanderschiebt. Christian Lehnert spürt in seinen Gedichtzyklen tastend, drängend den Identitätsfragen nach, wie sie vom Urchristentum bis in die Gegenwart reflektiert werden, und entfaltet ein Wortgewebe voll dunklem Glanz (Gerhard Kaiser).

Lesung mit dem Autor am 9. April 2008, 20 Uhr

    Stamm: An einem Tag wie diesem
  • Peter Stamm
  • An einem Tag wie diesem
  • Fischer TB 2007
  • ISBN 978-3-596-17383-9
  • € 7.95

An einem Tag wie diesem ändert Andreas sein Leben. Ihn packt eine Sehnsucht, die zwischen Heimweh und Fernweh nicht mehr unterscheidet. Er wirft alles hin, verkauft seine Wohnung und kündigt seine Stelle in Paris, um nach einem halben Leben zu der Frau zurückzukehren, die er einmal geliebt hat. Die Gleichheit der Tage war sein einziger Halt, jetzt hofft er auf ein Wunder und darauf, dass alles neu beginnt. Seine Reise führt ihn in die Provinz seiner Jugend und wieder weg bis ans Ufer des Atlantiks, in die Arme einer Frau, deren Liebe er beinah verspielt hatte. Wenn die Wünsche übermächtig werden, muss der nächste Tag ein anderer werden. Nach „Agnes“ und „Ungefähre Landschaft“ erzählt Peter Stamm in seinem Roman „An einem Tag wie diesem“ wieder meisterhaft von der Liebesunfähigkeit und dem brennenden Verlangen nach dem großen Gefühl, er erzählt von der Wirklichkeit, die wie ein Traum vergeht, bis man sein Leben selbst in die Hand nimmt.

    Meyer: Die Nacht, die Lichter
  • Clemens Meyer
  • Die Nacht, die Lichter
  • S. Fischer Verlag 2008
  • ISBN 978-3-10-048601-1
  • € 18.90

Er setzt alles auf eine Karte, der Hundebesitzer, der auf der Rennbahn sein Geld verwettet, um eine teure OP zahlen zu können. Sie will es allen zeigen, die junge Frau, und sich vom Flüchtlingsschiff in die erste Liga hochboxen. Sie reden eine Nacht lang, der junge Mann und eine alte Freundin, haben einander zufällig wiedergetroffen, sie denkt vielleicht an ein gemeinsames Leben, doch er weiß, dass es anders kommen wird. Clemens Meyer erzählt von der Hoffnung, einmal im Leben den großen Gewinn einzustreichen, von dem Willen, etwas aus sich zu machen, und der verpassten Liebe. Seine Geschichten spielen in der stillen Wohnung, in der Lagerhalle und am Fluss. Seine Helden sind dem Leben ausgesetzt, es sind die Heimatlosen und Träumer, die die nächtliche Stadt durchstreifen. Meyer trifft die Töne unserer Zeit: In seinen rauen, präzisen und zarten Sätzen spricht er von verlorenen Illusionen, von Sehnsucht und Einsamkeit.

    Stasiuk: Fado
  • Andrej Stasiuk
  • Fado
  • edition suhrkamp 2008
  • ISBN 978-3-518-12527-4
  • € 9.50

Während seiner Fahrten durch Albanien hört Stasiuk den Fado. Melancholie und sanfter Trotzdieser Musik sind auch den 24 kurzen erzählerischen Meditationen eigen, die thematisch wie geographisch einen weiten Bogen schlagen: von Südpolen bis Montenegro, vom Blick durchs Vergrößerungsglas auf eine alte Karte, die bosnische Dörfer verzeichnet, bis zu den Reflexionen über die neue Mobilität als Flucht aus der eigenen Geschichte, dem eigenen Leben. Gibt es eine bessere Metapher für die Reise als eine brüchige Landkarte? Gibt es eine noblere Art der Reise als die auf den Spuren eines Schriftstellers, dessen Bücher man bewundert? So eine Reise ist eine Pilgerfahrt. Und die Pilgerfahrt ist ja nichts anderes als die ältere Schwester der Reise als solcher. Reisen heißt leben. Jedenfalls doppelt, dreifach, mehrfach leben.

Ein Roman aus dem Geist von Hitchcock? Vielleicht. Aber eher ein Literatur gewordenes Mysterium von Tarkowskij, das in einer kunstvoll monologischen Sprache davon erzählt, wie das Absurde sich des Alltäglichen bemächtigt und die Wirklichkeit zu Fall bringt.