Es gibt keine Seligkeit ohne Bücher.

Arno Schmidt

Buchtipps des Monats - Oktober 2007

    Schneider: Marcolini oder Wie man Günstling wird
  • Karla Schneider
  • Marcolini oder Wie man Günstling wird
  • Hanser 2007
  • ISBN 978-3-446-20905-3
  • € 17.90

Marcolini ist Silberpage am Fürstenhof in Dresden. Als ihn Prinzessin Maria Antonia zum Gesellschafter ihres ältesten Sohnes "befördert", ist er gekränkt: Friedrich August gilt als schwerfällig an Körper und Geist. Immerhin, wer weiß, wozu ein enger Kontakt zum Thronerben noch nützlich ist? Doch dann geschieht das Unerwartete: Friedrich August gewinnt mit seinem zurückhaltenden, freundlichen Wesen Marcolinis Herz. Und dieser wird es nicht zulassen, dass der Prinz von seiner eigenen Mutter um den Thron gebracht wird ... Ein bewegender historischer Roman um eine ungewöhnliche Freundschaft und eine lebendige Schilderung des Barock.

    Düffel: Vom Wasser
  • John von Düffel
  • Vom Wasser
  • dtv 2000
  • ISBN 978-3-423-12799-8
  • € 9.50

Die Geschichte einer Papierfabrikantendynastie, erzählt von einem, der wie magisch angezogen immer wieder zum Wasser zurückkehrt. Vor unseren Augen lässt dieser Mann die Porträts seiner Ahnengalerie auferstehen. Er erinnert sich an die sommerlichen Szenen seiner Kindheit und stellt sich vor, wie es gewesen sein könnte: damals, als im letzten Jahrhundert der Ururgroßvater auf seinem Landgut zwischen den Flüssen Orpe und Diemel entdeckte, wie sich Wasser in Papier und Papier sich in Geld verwandeln lässt, damals, als der Sohn des Firmengründers die Fabrik mit seinem nüchternen Zahlenverstand durch den ersten Krieg rechnete und rettete, damals, als die traditionsreiche Geschichte der erstgeborenen Fabrikherren mit dem nächsten Krieg und einem den Musen zugewandten Direktor zu Ende zu gehen drohte. Damals, als seine Frau die vorläufige Rettung brachte.

    Abdolah: Die geheime Schrift
  • Kadar Abdolah
  • Die geheime Schrift
  • dtv 2007
  • ISBN 978-3-423-13582-5
  • € 10.00

Esmail hat ein Manuskript mit ins Exil genommen. Geschrieben hat es sein taubstummer Vater, in einer seltsamen, kaum lesbaren Schrift. So, wie er früher seinen Vater verstehen wollte, versucht Esmail nun, das Geschriebene zu entziffern. Es schildert das Leben in einem kleinen Dorf an der Grenze: »Südlich der Grenze lag der Iran, und nördlich, dort, wo immer tiefer Schnee lag, Russland.« Dieser fast märchenhafte Roman, der einen Bogen spannt zwischen Amsterdam und Persien, erzählt von Vater und Sohn, von Analphabetismus und der Leidenschaft für Geschichten, von Armut, Abhängigkeit und erwachendem politischen Mut. Esmail schließt sich dem studentischen Kampf gegen den Schah an, später der Regime-Kritik gegen Chomeini. Er flieht - und aus dem Sohn eines Teppichknüpfers wird ein westlicher Intellektueller, der seiner Herkunft jedoch alles verdankt.

    Funke: Der Abschied oder Parsifals Ende
  • Klaus Funke
  • Der Abschied oder Parsifals Ende
  • Faber und Faber 2007
  • ISBN 978-3-86730-034-6
  • € 17.90

Mit dem Roman »Der Abschied oder Parsifals Ende« legt Klaus Funke das erste deutschsprachige belletristische Werk über den genialen Musiker Hans von Bülow vor. Wieder gelingt es dem Autor des Novellenbandes »Am Ende war alles Musik« und des Paganini-Romans »Der Teufel in Dresden« mit großem erzählerischem Atem und hoher Sachkenntnis den Leser in seinen Bann zu schlagen. Hans von Bülow, der Protagonist des Romans, von dem wir kein Tondokument oder gar einen Film besitzen, ist dennoch der erste moderne Stardirigent der europäischen Musikgeschichte und zugleich auch ein fabelhafter Pianist gewesen, lebte er heute, so würde er in einer Reihe mit Ashkenazy, Rattle, Barenboim oder Muti genannt werden. Hans von Bülow hat neben Engagements in München, Hannover, Hamburg und Berlin, in Meiningen von 1880 bis 1885 die Intendantur der Herzoglichen Hofkapelle inne gehabt. Diese Zeit, in der er dieses Orchester zu Weltruhm führte, ist zugleich auch seine widersprüchlichste Schaffens- und Lebenszeit gewesen. Er flüchtete nach der Ehe-Katastrophe mit der Liszt-Tochter Cosima, die ihm Richard Wagner abspenstig gemacht hatte, in eine zweite Ehe (mit Marie Schanzer, einer Schauspielerin am Meininger Theater), wurde ein enger Freund von Johannes Brahms, und erlebte vom Spätsommer 1882 bis zum Sommer 1883 seinen tiefsten menschlichen und gesundheitlichen Zusammenbruch, der seinen erschütternden Höhepunkt im Februar 1883 mit der Nachricht vom Tode Richard Wagners erreicht. Nur sein unbändiger Wille, sein missionarischer Eifer, sein Wahn der Musik richtet ihn wieder auf. Aber er nimmt, trotz europäischer Erfolge als Dirigent und Orchesterleiter, in diesen Jahren zugleich auch Abschied. Abschied vor allem von Richard Wagner, seinem ursprünglichen Idol, Abschied von der Wagnerschen Kunst- und Musikauffassung, und wendet sich immer stärker Beethoven und Brahms zu, die er in eine Reihe mit dem großen Bach stellt. Und, obwohl er seine Frau aufrichtig liebt, hofft Bülow, wie in einem Aufflackern seiner Lebensenergie, während eines Kuraufenthaltes mit Cecile Mutzenbecher ein letztes Mal Liebesrausch und Sinneslust zu finden. Hans von Bülow ist eine seltsam tragisch-dramatische Figur, beinahe »ein Ritter von der traurigen Gestalt«. Ein Mann, ein Künstler, der polarisiert, der abstößt und anzieht, immer wieder, und auch heute noch. Das Buch zeichnet diesen Mann und einen kleinen Wegabschnitt seines Lebens. Es ist ganz bewusst kein biografischer Text, sondern die Sage von einem Menschen, dem Sieger und Verlierer, dem großen Musiker Hans von Bülow.

LESUNG MIT DEM AUTOR: Sonnabend, 17. November 2007, 17 Uhr