Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde.
Jean Paul
Buchtipps des Monats - Oktober 2009
Im Süden Frankreichs hält sich ein Schriftsteller versteckt, der als Wahlfranzose zuvor die ganze Welt bereist und in sein Schreiben aufgenommen hatte: Blaise Cendrars. Ein Autor, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Avantgarde gehörte und der zum Schreiben immer das Reisen und die Begegnung mit fremden Menschen und Kulturen brauchte, hält in kriegsbedingter Immobilität literarisch Rückschau. 1944, im Jahr der Befreiung von Paris, schreibt Cendrars in Aix seinen Lebens-»Roman« in Stücken: Die Signatur des Feuers, Die rote Lilie, Rhapsodie der Nacht und Auf allen Meeren, eine geballte Ladung von Erinnerungen, die entscheidende Lebenserfahrungen an elf europäischen Hafenstädten festmacht und von da aus das Universum des Cendrarsschen Schreibens reportagehaft sichtet. Mit Auf allen Meeren wird der legendenumwobene Autor auch als sein eigener Legendenbildner und gleichzeitig als Chronist seiner Schlüsselerlebnisse greifbar und als ein Schriftsteller, der sein Metier auch in Zeiten der Not beherrschte.
Seit kurzem pflegen Sensini und der junge Mann Briefkontakt. Regelmäßig versuchen die beiden ihr Glück als Preisgeldjäger bei unbedeutenden Literaturwettbewerben. Nach Wochen vertraut Sensini seinem neuen Brieffreund an, daß er sich einen Sport daraus macht, bei den Wettbewerben dieselben Texte unter verschiedenen Titeln einzureichen... Sei es eine Parodie auf die korrupte Preisvergabe im Literaturbetrieb, ein meisterhaft arrangierter Dialog zwischen zwei chilenischen Polizisten, die sich als die ranghöchsten Schlächter der chilenischen Militärdiktatur entpuppen, oder die hinreißende Liebesgeschichte zwischen einer Hochspringerin und dem Gehilfen eines russischen Gangsterbosses: in vierzehn traurigen und zugleich schrecklich komischen Geschichten entführt uns der große Meister und Erneuerer der lateinamerikanischen Literatur in die Labyrinthe des Lebens – entlang der Grenze zwischen Fiktion und Realität.
Roberto Bolaño, geboren 1953 in Santiago de Chile, gestorben 2003, erhielt 1999 den wichtigsten südamerikanischen Literaturpreis "Rómulo-Gallegos". Lange Zeit lebte er in Mexiko. 1973, während Pinochets Militärputsch, wurde er in Chile verhaftet, saß ein halbes Jahr im Gefängnis und ging danach zurück nach Mexiko und weiter nach Spanien.
Der uralte Rhythmus einer indischen Tabla-Trommel, ein Menschenmeer, der Geruch von Henna und faulem Fisch -- tausend Eindrücke schwappen dem Neuankömmling entgegen. Als Kundschafter der englischen Krone soll Richard Francis Burton in der Kolonie Britisch-Indien dienen. Für den wissensdurstigen Burton ist dies eine verlockende Aufgabe. Doch aus Neugierde erwächst bald eine regelrechte Obsession, das Fremde zu enträtseln und darin aufzugehen. Der britische Offizier Sir Richard Burton ist einer der seltsamsten Menschen des an exzentrischen Figuren reichen 19. Jahrhunderts: Anstatt in den Kolonien die englischen Lebensgewohnheiten fortzuführen und jede Anstrengung zu vermeiden, lernt er wie besessen die Sprachen des Landes, vertieft sich in die fremden Religionen und reist zum Schrecken der einheimischen Behörden anonym in diesen Ländern herum. So betritt er, in Indien zum Islam konvertiert, als einer der ersten Europäer unerkannt die heiligen Stätten von Mekka und Medina, und er reist zu den Quellen des Nils - eine seelische und körperliche Zerreißprobe, die zum Zusammenbruch führt.
Iljia Trojanow hat einen farbigen Abenteuerroman geschrieben, der durch genaue Sachkenntnis begeistert. Er ist Burton durch drei Kontinente hinterhergereist, um der Faszination, die Hinduismus, Islam und afrikanischen Naturreligionen auf ihn ausübten, aufzuspüren.
Elbflorenz, Barockstadt, Tal der Ahnungslosen - diese Stadt ist voller Glanz und Geschichte! Jens Wonneberger erzählt Geschichten, die hinter barocken Fassaden und Supermarktkassen spielen, er schreibt von gläsernen Menschen und blauen Wundern, seine Helden sind Kurfürsten, Indianerhäuptlinge oder auch nur eine kleine Fledermaus. Er spaziert über die Brühlschen Terrassen, wandelt durch die Straßen der Neustadt, besteigt einen Elbdampfer und hinterfragt den Mythos barocker Pracht. Dresden ist eine Stadt reich an Glanz und Geschichte und wurde von Katastrophen heimgesucht wie kaum eine zweite.