Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde.
Jean Paul
Buchtipps des Monats - Mai 2007
- Selma Noort
- Pol und das Geheimnis des verborgen Gartens
- Freies Geistesleben 2006
- ISBN 978-3-7725-2262-8
- € 14.50

Pol wohnt mit seiner Mutter Lot in dem gemütlichen Torhaus und hat das wichtige Amt des Torwächters inne. Hinter der alten Stadtmauer entdeckt er ein wunderschönes, geheimnisvolles Stück Land, aber da wohnt jemand und außerdem ist es gefährlich dort. Pol wagt sich mit Sonja und Jan-Willem trotzdem immer weiter auf das Gelände. Und eines Tages kommt ein Mann, der aus dem Torhaus ein Restaurant machen will und allen zeigt, dass er immer kriegt, was er will. Aber Pol und Lot lassen sich so leicht nicht einschüchtern. Sie kämpfen für ihr Recht und - bekommen Hilfe von einem geheimnisvollen Mann, der im Bootshaus wohnt.
Selma Noort, geboren 1960, lebt mit ihrer Familie in Leiden in den Niederlanden. Sie hat einige Jahre als Erzieherin gearbeitet und ist heute freie Autorin und Übersetzerin. In ihren Büchern entfaltet sie ein beeindruckendes Spektrum verschiedener Erzählstile, die die Atmosphäre ihrer Geschichten immer genau treffen.
Georges-Arthur Goldschmidt wurde 1938 als Zehnjähriger in Hamburg von seinen jüdischen Eltern in den Zug nach Florenz gesetzt. Von dort gelang er in ein französisches Kinderheim in den Savoyer Alpen. Das Leben dort, den Kampf gegen das Heimweh, die zahlreichen Prügelstrafen und die heimliche Lust daran, die ständige Bedrohung durch die deutschen Besatzer beschreibt Goldschmidt in seiner Erzählung „Die Absonderung“. Im Vorwort von Peter Handke heißt es dazu: Goldschmidt hat so etwas wie ein Traumbuch geschrieben: In dem Sinn, dass er für Situationen und Ereignisse, für die es bis dahin keine Sprache gab, wie somnambul, planlos, vorsatzlos, dafür um so klarer und unmittelbarer eine solche – nicht findet, sondern einfach hinsetzt. Ja, vergleichbare Bücher schreibt manchmal ein Träumer – nur ist hier beim Erwachen das Buch da, vorhanden, zur Hand: eher als ein ‚Traumbuch‘ vielleicht also das Zeugnis eines so ausgedehnten wie beengten Traumwandelns, eines jahrelangen, voll des Schreckens und des Staunens, der Raum- und Zeitsprünge, der fahlen Labyrinthwelt des ewigen Kriegs und der weiträumigen Farbenwinkel eines episodischen Friedens. Traumbuch, Zeugnis eines Traumwandelns, oder: das Buch als Findling.
Nicht weit von Genf, der Stadt der Atomphysiker, Diplomaten und Uhrmacher, liegen die unterirdischen Anlagen des Kernforschungszentrums CERN. Als an einem sonnigen Augusttag eine Besuchergruppe wieder ans Tageslicht tritt, ist die gesamte Genfer Region, ja ganz Europa in einen Dornröschenschlaf gefallen. Die Besucher bewegen sich wie in einer "Fotografie der Welt". Steht die Zeit still? Was ist geschehen? Hat der Teilchenbeschleuniger eine Zeitkatastrophe verursacht? Die 70 "Chronifizierten" müssen mit einer traumatischen Situation von Einsamkeit, Macht und Ohnmacht zurechtkommen, Theorien entwickeln und Strategien des Zusammenlebens erproben. Obwohl für sie die persönliche Zeit weiterläuft, in der sogar Kinder geboren werden, sind sie scheinbar in alle Ewigkeit gefangen in der 42. Sekunde um 12:47 dieses Sommertags - bis nach fünf Jahren aus wahrhaft heiterem Himmel die Weltzeit plötzlich für 3 kostbare Sekunden weitertickt. Aus ihrer Lethargie gerissen, sammelt sich die inzwischen durch Krankheiten und mörderische Auseinandersetzungen dezimierte Gruppe zu einem "finalen Experiment". In diesem furiosen Roman schießen die erzählerischen Momente wie in einem Teilchenbeschleuniger zusammen: modernste Zeittheorien, existentielle Deutungen und eine mitreißende Sprache. Thomas Lehr legt mit diesem Roman das wichtigste Buch seines bisher vielfach preisgekrönten Werkes vor.
Verdammt! brachte Pater Gerasimo hervor. "Der Jüngste Tag ist gekommen." Als das kleine, namenlose griechische Dorf, in dem diese neunzehn miteinander verknüpften Geschichten spielen, von einem Erdbeben heimgesucht wird, ist dies für den verzweifelten Pater der unwiderlegbare Beweis für den himmlischen Zorn, der angesichts der vielen kleinen und großen Sünden seiner gottlosen Schäfchen nun auf sie alle herabkommt. Das Leben auf dem Land aber ist hart, für Mensch und Tier, und vom Bahnwärter über den Bürgermeister bis hin zum Barbier oder zur Hure: keiner bleibt von den Katastrophen der verschiedensten Art verschont. Da bleibt die ein oder andere Schandtat nicht aus, ob nun aus Habgier oder Liebe begangen. Von Zeit zu Zeit kommen auch Besucher in das dem Untergang geweihte Dorf am Ende der Welt: ein König im Exil, ein Bischof, der vorgibt, Wunder bewirken zu können, ein Zigeunerzirkus mit einem Zentaur, eine exotische Vogelhändlerin, Sänger, Gewichtheber und handelsreisende Gauner. Und am Ende ist es nicht der göttliche Zorn, der die Zerstörung bringt, sondern, wie so häufig, der Mensch höchstselbst ...
In 19 Geschichten erzählt Panos Karnezis "Kleine Gemeinheiten", die sich wie zu einem Roman fügen, den man glatt Garcia Marquez zuschreiben könnte, wenn er nicht durch und durch griechisch beseelt wäre. Für Annie Proulx ist dieses Debüt "die literarische Entdeckung des Jahres".